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15 Jahre UN-Behindertenrechts-konvention in Österreich – vom Ziel noch weit entfernt?

15 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich – vom Ziel noch weit entfernt?

Nachlese zur LebensGroß & Forschungszentrum Inklusive Bildung, FZIB, Tagung „Praxis trifft Wissenschaft“ mit 7 Perspektiven zur UN-Behindertenrechtskonvention, UN-BRK

15 Jahre nach Ratifizierung der UN-BRK in Österreich haben LebensGroß GmbH und FZIB Ende September 2023 zu einer Tagung eingeladen, um Bilanz zu ziehen. Es ging um die Frage, was in Österreich in diesem Zusammenhang passiert ist und um Perspektiven für die Zukunft. 160 Teilnehmende aus sozialen Einrichtungen, Politik, Lehre und Forschung, sowie viele Selbstvertreter*innen zeigten großes Interesse am Thema. Hochaktuell war dieses auch deshalb, weil im August 2023 der UN-Fachausschuss die Staatenprüfung Österreichs vorgenommen hat und zum Ergebnis kam, dass es für Österreich noch zahlreiche Handlungsempfehlungen gibt.

Handlungsempfehlungen 2023

Eröffnet wurde die Tagung mit einer Podiumsrunde. LebensGroß-Geschäftsführerin Susanne Maurer-Aldrian, derzeitige FZIB Leiterin Barbara Gasteiger-Klicpera, Inklusionsstadtrat Kurt Hohensinner und Gemeinderat Philipp Ulrich wurden um ihre Einschätzungen bezüglich der Umsetzung der UN-BRK in Österreich gebeten. Aus unterschiedlichen Perspektiven bestätigten alle, dass Handlungsbedarf besteht.

Im folgenden Vortrag stellte Christine Steger übersichtlich und klar dar, wo sie Stärken und Schwächen der Umsetzung der UN-BRK in Österreich sieht. Christine Steger ist seit März 2023 Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen, davor lange war sie lange Zeit Behindertenvertrauensperson und Vorsitzende des Monitoringausschusses. Als erfahrene Expertin für die Rechte von Menschen mit Behinderungen vertrat die sie Einschätzung, dass die aktuelle Gesetzeslage nicht ausreichend ist, um der UN-BRK gerecht zu werden. Eine Ursache liegt in den unterschiedlichen Zuständigkeiten von Bund, Ländern und Gemeinden. Mitverantwortlich dafür ist aber auch die Tatsache, dass Österreich einen Erfüllungsvorbehalt unterzeichnet hat, d.h. dass Betroffene ihre Rechte nicht einklagen können. Dies führt zu Exklusion im Bildungsbereich und dazu, dass Menschen mit Behinderungen bzw. ihre Vertretung immer noch als Bittsteller*innen wahrgenommen werden. Um die Rechte tatsächlich einhalten zu können, wäre aus Stegers Sicht das Erheben der tatsächlichen Bedarfe und die dementsprechende Planung von Ressourcen notwendig. „Es braucht ein neues Denken, um Gesetze wirklich so zu gestalten, dass die Konvention und der bestehende rechtliche Anspruch der Menschen mit Behinderungen berücksichtigt und irgendwann dann auch zu gelebtem Recht werden.“

Am Nachmittag wurden unter dem Motto „Praxis trifft Wissenschaft“ in sieben Workshops zu den zentralen Themen Arbeit, Barrierefreiheit, Bildung, Familie, Partnerschaft & Sexualität, Freizeit, Sport & Kultur, Politik & gesellschaftliche Teilhabe sowie Wohnen aktuelle Ergebnisse der Forschung vorgestellt, Bezug zur Praxis genommen, das Verhältnis zur UN-BRK diskutiert und Lösungsansätze entwickelt. Diese sieben Perspektiven wurden nach den Workshops in einer Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen der Bundes-, Landes- und Stadtpolitik, Sandra Krautwaschl Grüne, Fiona Fiedler NEOS, Maximilian Koren ÖVP, Philipp Ulrich KPÖ vorgestellt, und mit den Expert*innen Christine Steger, Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen, bzw. Heinz Sailer, Monitoringausschuss, diskutiert.

Moderiert wurde die gesamte Tagung von Peter Much und Luca Kielhauser. Ihre Fragen nach konkret politischen Umsetzungsschritten erbrachten folgende Ergebnisse:

In der Gesellschaft braucht es noch immer stärkere Bewusstseinsbildung, damit die UN-BRK in ihren klaren Regelungen zur Anwendung kommen kann. In den Bereichen Bildung, Familie, Partnerschaft & Sexualität bedarf es zusätzlicher Aufklärung und entsprechende finanzielle Ressourcen. Barrierefreiheit wird meist nur als bauliche Barrierefreiheit verstanden, obwohl es viel mehr inhaltliche Ebenen gibt, z.B. barrierearme Kommunikation. Doch selbst im Bauwesen gibt es noch zahlreiche Hürden und nur ein minimaler Prozentsatz an Wohnungen ist barrierefrei. Im Bereich Politik sind alle Ebenen gefordert, Gesetze zu überarbeiten, es braucht einen klaren gesetzlichen Rahmen für tatsächliches Handeln. In Bezug auf Arbeit besteht nach wie vor die Herausforderung, dass viel zu wenige Firmen tatsächlich begünstigt Behinderte beschäftigen und dass hier noch viel mehr Möglichkeiten angeboten werden müssen, damit Menschen mit Behinderungen einer bezahlten Erwerbsarbeit nachgehen können. Im Bereich Freizeit, Kultur & Sport gibt es immer noch zu wenig Ressourcen und Möglichkeiten, damit Menschen mit Behinderungen völlig gleichberechtigt teilhaben können, z.B. Ausbau der persönlichen Assistenz.

Trotz dieser enormen Handlungsbedarfe in Österreich war die Stimmung während der Tagung geprägt von Zusammenhalt und engagierter Unterstützung der starken Stimmen für die Rechte der Menschen mit Behinderungen.

Mögen diesen Stimmen Taten folgen!

Mag.a Heidi Kinast, MA
Projektmanagement FZIB
heidi.kinast-@-uni-graz.at

Forschungszentrum Inklusive Bildung, FZIB


Team FZIB an der PPH Augustinum:

Daniela Ender, BA MSc
daniela.ender-@-pph-augustinum.at

Prof.in Mag.a Dr.in Martina Kalcher, Bakk. MSc
martina.kalcher-@-pph-augustinum.at

Prof.in Katharina Maitz, BA BA MA PhD
katharina.maitz-@-pph-augustinum.at

Prof. David Wohlhart, BEd
david-@-wohlhart.at

Titelbild: Luca Kielhauser & Christine Steger

Bilderreigen: Team LebensGroß & Elisa Wohlhart