Die Pandemie hat unsere Welt auf den Kopf gestellt. Die bisher gültigen Vorstellungen von (religiöser) Bildung sind ins Wanken geraten. Aufgrund dieser Erkenntnis war es für uns, das Team des Instituts für Religionspädagogik Klagenfurt, naheliegend, den Soziologen Manfred Prisching, am Donnerstag, 9. September 2021, ins Stift St. Georgen am Längsee als Referenten zur diesjährigen Herbsttagung der Religionslehrer*innen an Allgemeinen Pflichtschulen einzuladen. Sein Vortrag war eine spannende Analyse der derzeitigen Entwicklungen mit dem Blick auf Weltprobleme, Menschenprobleme und Religionsprobleme.
Wie gewohnt, begann der Tag mit einem Morgenlob, das Pfarrer Slavko Thaler gestaltete. Seit einem Jahr ist er geistlicher Assistent der Religionslehrer*innen. Der Direktor des Schulamtes, Peter Allmaier, nahm die Arbeit der Religionslehrer*innen in den Blick und bestärkte sie in ihrem Tun. In seinen Grußworten berichtete Institutsleiter Franjo Vidović über die personellen Veränderungen am IRPK, die sich durch Pensionierungen ergeben. Besonders freute es uns, dass der Vizerektor der KPH Graz, Friedrich Rinnhofer, zur Tagung kam. Mit der Wahl der Berufsgemeinschaft wurde ein neues Leitungsteam gewählt. Vorsitzende ist nun Kollegin Dorothea Kazianka.
In seinem ersten großen Thema des Vortrages ging Prof. Prisching auf die Globalisierung ein. Durch sie kam ein multidimensionaler Prozess in Gang, der sich auf politische Entwicklungen ebenso auswirkte, wie auf kulturelle Veränderungen. Im Jahr 2001 begann - nach 55 Jahren Frieden und Wohlstand - eine Zeit der Krisen, die bis in die Gegenwart spürbar und noch nicht ausgestanden sind. Große Probleme unserer Zeit sind Nachhaltigkeit und Klimawandel, Epidemien und steigende Migration. Ein großes und noch nicht geklärtes Problem ist die Digitalisierung, die in sämtliche Lebensbereiche hineinreicht. In dieser Komplexität der Welt sind die Probleme der Menschen vielfältig. Die Unübersichtlichkeit
überfordert sie und Stress und Resonanzdefizit werden zur alltäglichen Realität.
Welche Bedeutung hat Religion in dieser Welt? Prisching sprach von einer Unvermittelbarkeit von religiösen Inhalten. Viele Lebensbereiche haben nichts mehr mit Religion zu tun, was zu einem Verlust von religiösen Praktiken führt. Ein Problem sieht Prisching im kirchlichen Umgang mit Fehlern, die in den vergangenen Jahren sichtbar wurden und doch immer wieder vertuscht wurden. Der Kontrast von höchsten Werten und tiefster Unanständigkeit in der Kirche ist augenscheinlich. Dennoch wird die kulturprägende Kraft des Christentums unterschätzt. Musik, Kunst und Architektur sind geprägt von christlichen Inhalten. Die christliche Kulturgeschichte ist eine Sinngeschichte. Andererseits wurde Religion verharmlost, Gott auf die Rolle eines Sozialtherapeuten, Coaches oder Betreuers reduziert, der Glaube wurde zu einem Wellnessprogramm. Es gibt dennoch religiöse Bedürfnisse, die nicht verschwinden, die aber in andere Bereiche wie Konsum oder Esoterik transformiert werden. Ein weiteres Problem für die Kirche sieht Prisching im Priesterschwund. Zukünftige katholische Gemeinden werden nur durch das Engagement der Basis aufrechterhalten werden können.
Zum Abschluss des Tages wurde die heilige Messe von Diözesanbischof Josef Marketz zelebriert. In seiner Predigt griff der Bischof die größer werdende Schwierigkeit der Vermittlung religiöser Inhalte in der Schule aber auch in seiner Tätigkeit als Priester auf.
Mit der Wahl des Referenten und des Themas wagten wir bei der diesjährigen Tagung einen Blick über den Tellerrand hinaus, der natürlich teilweise schmerzlich war. Dennoch stand die Tagung unter dem Motto der Begegnung und des Austausches, was auch in ausreichendem Maß geschehen ist.
Bilderreigen
Juliane Ogris